Seit 1951 feiern die Menschen in Darmstadt das „Heinerfest“. Echte Darmstädter werden „Heiner“ genannt (echte Darmstädterinnen sind „Heinerinnen“, oder? Da müsste mal die Genderforschung ran…). Das ist eine mehrtägige Riesennummer in der Darmstädter Innenstadt rund um das Schloss. Nun durfte ich da auch mal ran. Der Heinerfestverein ist sozusagen die Kaderreserve des ursprünglichen Heimatgefühls, der Nukleus der Darmstadtidentität. Ich durfte sie als eine Gruppe freundlicher Menschen kennen lernen, fern jeder Heimattümelei, dafür aber recht lustig im Miteinander. Im Schlossgraben hat man sein Hauptquartier mit Bierbänken, Bühne, Ausschank usw. und wechselndem Programmpunkten. Einer davon war ich. Bei der Terminvereinbarung wusste niemand dass zur gleichen Zeit das Viertelfinalspiel der Fussball-EM zwischen Deutschland und Spanien stattfinden würde und doch ist es so gekommen. Ich fuhr nach Darmstadt und malte mir ein Setting aus, wie ich es in 30 Jahren meines Pfarrerdaseins oft erlebt habe: ein weiter Raum mit wenig Menschen darin. Gottesdienst geht gut auch mit wenig Leuten, Kabarett aber nicht. Hier braucht der Protagonist lebhaftere Rückmeldung. Zu meiner großen Überraschung gab es aber ordentlich viel Leute, die bei der Wahl zwischen Fußball und Pfarrerkabarett mehr zum Kabarett neigten und ich spielte vor einer schönen, großen und begeisterungsfähigen Gruppe und hatte viel Spaß dabei. Die zweite Halbzeit des Spiels konnte ich mit Heinerfest-Aktiven bei einem gruppeninternen public-viewing verfolgen. Es war ein bisschen bizarr, aber auch sehr lustig. Leider ist Deutschland knapp unterlegen, aber das wenigstens in einem tollen Spiel. Die Nationalmannschaft macht wieder Spaß. Das Kabarett auch. Danke, Darmstadt!