Tourtagebuch

Lohr

Es ist ja nicht nur so, dass Corona ein Arschloch ist, welches die Kultur ausbremst, es gibt ja auch noch das gute alte schlechte Wetter, verregnete Sommer und kalendarisch getarnte Früh-Herbsttage, die einem die open-air-Saison vermiesen könen. So was hatten wir neulich in Lohr am Main. In diesem interessanten Mittelzentrum im hinteren Spessart hat die Stadt eine Halle hingestellt, um die so manche Großstadt sie – zu Recht! – beneiden würde. Da wurde mal echt was für die Kultur getan, aber hallo! Zudem sind dort engagierte Mitarbeiter*innen zu Gange, die genau das Wetter und die Coronalage im Blick haben. Als sich abzeichnete, dass das geplante open-air nur was für Pinguine gewesen wäre, wurde beschlossen, dass wir in die Halle umziehen. Oha! Nicht viele Karten verkauft und dann eine Riesenbühne in einer 700-Personenhalle – das sah gar nicht gut aus. Aber die Verantwortlichen haben sich redlich Mühe gegeben, den Saal so abzuteilen und zu bestuhlen, so dass eine echte Kleinkunstatmosphäre entstehen konnte. Wenn man davon absieht, dass das Publikum die ganze Zeit eine Maske tragen musste. Herrjeh! Die Leute haben uns echt leid getan. Nach ein bisschen Anlauf haben wir uns aufeinander eingegroovt und es wurde dann doch noch ein echt netter Abend. Vielen Dank an dieser Stelle noch mal an Stefan, Noah und Svenja und alle anderen, die Hintergrund für das Publikum und uns aktiv gewesen sind. Kulturveranstaltungen unter Corona-Bedingungen sind nicht einfach zu organisieren, das merken so ziemlich alle landauf landab. Auch trauen manche sich noch nicht so recht aus dem Haus und scheuen den Besuch von Veranstaltungen bei denen es nicht ums Notwendigste (ALDI, Lidl usw.) geht. Um so dankbarer sind wir für die, die da waren und für die, die alles auf die Beine gestellt haben. Es geht voran!

Ach ja, der Presse hat’s auch gefallen. In „Main-Post“ und Main-Echo“ vom 31.8.2021 war zu lesen:
„Pfarrerkabarett-Duo lässt kein Thema aus.  Über zwei Stunden ließen Hans Greifenstein und Clajo Herrmann als Babenhäuser Pfarrerkabarett in der Lohrer Stadthalle reine Wortgewitter auf das Publikum nieder prasseln. Themen kamen dort viele zur Sprache, eigentlich wurde nichts ausgelassen. Das ging von Politik und Politikern über Corona und Kultur (von Aristoteles bis Goethe) bis zu vielen „ganz normalen“ Menschen, die man als Nachbar, Onkel oder „Obba“ in seinem Leben treffen kann. Ein wichtiges Thema für die beiden „älteren Semester“ auf der Bühne ist auch die „gute alte Zeit“ und klarerweise auch mal die Kirche, outeten sich doch beide als ehemalige Pfarrer und studierte Theologen („Ich hab im Theologiestudium gelernt, man muss die Bibel zwischen den Zeilen lesen. Aber da steht nix. Wenn man das lesen kann, das ist Theologie!“)….Weitere Themen waren „anonyme Nordic Walker“ („Merkt ihr überhaupt, dass man euch die Skier unter den Füßen weg geklaut hat?!“) oder die „Sprechminutenhilfe“beim Hausarzt: „Aus Datenschutzgründen darf ich Sie nicht mehr namentlich aufrufen, also, wer ist der Herr mit der Syphilis?“ Scheinbar planlos drauflos gequasselt, mischten sich aber auch ernste Töne unter die Lustigen: „Hart gekochte, gefärbt verkaufte Hühnereier sind dann ‚eierhaltige Nahrungsmittel‘, da müssen für die Hühner keine Tierschutzrechte eingehalten werden. Also kaufe ich keine solchen Eier mehr.“ Und gleich ein Schwenk ins Makabre: „Vielleicht ist die Frau für den Ehemann dann eine ‚frauenhaltige Haushaltsmaschine‘? „Ein Thema waren auch die Missbrauchsfälle in der Kirche: „Wir müssen deutlich sagen, wir wollen keine Ausreden mehr hören. Wo Ausreden unerträglich werden, muss es Austritte geben. Das sage ich als ehemaliger Pfarrer.“ Aber auch hier folgte gleich eine Lösung nach: „Austritte können auch sagen, ich gehe mal fort und wenn ihr weg seid, dann kommen wir wieder.“Aber ein paar unbeantwortete Fragen hinterließ der Abend doch: „Wieso hängt sich mein neuer PC auf, meine Wäsche aber nicht? Hat Jürgen Klopp wirklich mehr Zähne im Mund als andere?“ Aber abgesehen davon ging man sicherlich viel schlauer heim als man gekommen war – aber auch nachdenklicher.“